Die Muße am Weg – die „Corontäne“ und ich
2. Mai 2020Buchvorstellung „Geschichten vom Mitananda“
25. Mai 2021Wir sind gerade mitten in unserem ersten Online-Basiskurs unseres Projekts „Mitananda Lernen“. Wir haben eine wundervolle Gruppe von engagierten Eltern, die motiviert zusammen arbeitet. Uns macht diese Arbeit so viel Freude, es fühlt sich alles so richtig an und geht so leicht, alles „flutscht“.
Aber vom Anfang.
Anfänge
Joya Marschnig und ich kennen uns nun seit fast 13 Jahren. In dieser Zeit haben wir viel zusammen erlebt und aufgebaut, einige Projekte ins Leben gerufen und haben viel voneinander und miteinander gelernt. Unsere erste Begegnung werde ich nie vergessen: Meine zweitgeborene Tochter war noch ein Säugling und wir hatten kurz davor erst die ersten Menschen kennengelernt, die ihre Kinder zuhause, ohne Schule, bildeten. Mein Mann und ich waren von dieser Idee so angetan, dass wir versuchten, bei jedem der spärlichen Treffen dieser kleinen Runde mit dabei zu sein. So auch an einem sonnigen Herbsttag in Wien. Wir trafen uns zum gemütlichen Zusammensein in einem „Kolpingheim“ und waren zirka 20 große und kleine Menschen, die sich in dem nicht allzu großen und stickigen Raum trafen.
Mit Schwung ging die Tür auf und herein kamen zwei energetische, bunt gekleidete Frauen mit ihren Töchtern, die lautstark nach Kaffee riefen und mit ihrem ansteckenden Lachen alle Köpfe in ihre Richtung drehten. Eine davon hatte fast eine Glatze rasiert. Schmunzelnd stellte sie sich mit „Ich bin die Joya!“ vor. Das passte!
Im Laufe des Nachmittages haben wir uns ein wenig unterhalten und uns sympathisch gefunden. Bei den nachfolgenden Treffen tauchte Joya mit Lisa, ihrer Tochter, immer mal wieder auf und wir entwickelten eine Freundschaft, der bald ein Besuch von uns in ihrem Zuhause in der Südsteiermark folgte. Wir waren verzaubert von diesem Ort, den sie aufgrund der Adresse „Wielitsch“, das an die steirische Variante von Greenwich Village erinnerte, passenderweise „Grünhexenland“ nannte. Ja, Joya erinnerte in ihrem Reich an eine weise Kräuterfrau, mit den vielen Tieren, dem großen Gemüsegarten und der romantischen Waldlichtung. Die Tage bei Joya und Familie waren gefüllt mit Lachen, Spielen und gemeinsamen Musizieren und Singen am Lagerfeuer – wir fühlten uns wohl zusammen.
Ich erinnere mich gut, dass es Joya war, die mich ganz am Anfang unseres Engagement zum Freilernen in Österreich anrief, um mich zu fragen, ob ich bereit wäre, ein Gespräch mit einem Schuldirektor zu führen, der offen für eine andere Begleitung der Externistenprüfungen war. Tamino war noch länger nicht im schulpflichtigen Alter und ich fühlte mich nicht kompetent genug, so eine wichtige Aufgabe zu übernehmen, aber geschmeichelt, dass Joya mir dies zutraute.
freilerner.at
Bei einem der ersten großen Sommertreffen dann kamen die Gespräche immer wieder auf die Unzulänglichkeiten des Austauschs in der Yahoo-Gruppe, die wir zur Organisation von Treffen verwendeten. Joya war keine Frau der langen Worte und setzte die Idee einer Plattform zum Häuslichen Unterricht in Österreich 2010 tatkräftig um. Damals hieß die Seite noch: Plattform für Familien im Häuslichen Unterricht, damals brauchte es auch noch keine Unterscheidung zwischen Homeschooling und Unschooling. Dafür waren wir einfach noch gar nicht genug Leute, die sich dafür interessierten. Auf der Seite gab es ein Forum, das wir jahrelang sehr aktiv nutzten um Gleichgesinnte zu treffen, Events zu organisieren und uns auszutauschen.
Die Webseite „freilerner.at“ hat sich bis heute gewandelt und beständig vergrößert. Sie bietet Interessierten eine große Vielfalt an Hintergrundinformationen, interessanter Artikel und Rechtsgrundlagen. Der darum entstandene Verein bot uns viele Jahre lang ein wertvolles Übungsfeld in der soziokratischen Arbeit und wir haben viele jahrelange Wegbegleiter darüber kennen gelernt.
Akademie-Konzept
Kurz nach dem Entstehen von „freilerner.at“ dann entstand die „Akademie-Idee“ in Zusammenarbeit mit dem Leiter einer Alternativschule in Tirol, in der Joyas Tochter angemeldet war, um dort die Prüfung abzulegen. Dieses Konzept, Lernen und Leben miteinander zu verbinden, die Externistenprüflinge in passendem Rahmen in ein bestehendes Schulgefüge zu integrieren und damit die absurde Bewertung einer punktuellen Überprüfung auszuhebeln und mit einer aussagekräftigen Begleitung und Beziehung zu verwandeln, gefällt mir bis heute. Leider konnte sie nur in Ansätzen verwirklicht werden, bevor die Schulbehörde dem Ganzen einen Riegel vorschob.
Sommertreffen
Bald schon taten Joya und wir uns zusammen um die Organisation der immer größer werdenden Sommertreffen in die Hand zu nehmen. Insgesamt haben wir diese Events glaube ich drei Mal organisiert und hatten dabei immer viel Spaß. Es war erstaunlich, wie schnell diese Community wuchs – gab es beim ersten Treffen 2008 gerade mal drei Familien, waren es wenige Jahre später fast dreihundert Menschen aller Altersstufen, die gemeinsam feierten, spielten und Vorträge und Workshops zum Thema besuchten und anboten.
Initiative Freilernen 2013
Joya war 2013 dann auch maßgeblich an der Entstehung der „Initiative Freilernen 2013“ beteiligt, bei der wir uns mit anderen elf Familien um die Verbesserung der Bedingungen der Externistenprüfung in Österreich bemühten. Gerne kann die Entstehung, die Ziele und was in den folgenden Jahren mit den Familien geschah, die allesamt ihre Kinder nicht mehr zur Prüfung zuführten, auf „freilerner.at“ nachgelesen werden.
2015 kam es zur Wiedereingliederung der „Initiative“ in den neu aufgestellten und ausgerichteten Verein, der sich klar zum selbstbestimmten Lernen, also Unschooling, bekannte. Joya und ich übernahmen leitende Funktionen in verschiedenen Arbeitskreisen und lernten in den darauffolgenden Jahren viel über das Arbeiten mit Soziokratie.
Freilerner Studio & Cafè
Wenig später begannen Joya, Lini Lindmayer und ich, regelmäßige Radionsendungen zum Thema zu machen. Einmal im Monat interviewten wir im Rahmen dieses „Freilerner Studios“ interessante Menschen, dokumentierten relevante Veranstaltungen oder tauschten uns zu wichtigen Aspekten der selbstbestimmten Bildung aus. Gleichzeitig eröffneten wir mit dem „Freilerner Café“ im Anschluss einen Raum für interessierte Eltern, damit sie Fragen stellen und sich unkompliziert vernetzen konnten. Über zwei Jahre lang boten wir voller Begeisterung und in wunderschöner Kooperation diese Möglichkeit des Austauschs und der Begleitung an. Die Radiosendungen sind bis heute auf Youtube zum Nachhören.
Vielleicht war die Zeit nicht reif dafür, oder wir waren einfach nicht kompetent genug in der Vermarktung und Bewerbung, aber die „Freilerner Café“-Idee nahm nie so recht Schwung auf. Wir hatten uns vorgestellt, dass wir auf diese Weise zumindest einen kleinen Energieausgleich erreichen konnten. Hatten wir viele Jahre lang ehrenamtlich und kostenfrei zahllose Beratungsgespräche geführt, wurden wir merklich müde, immer wieder dieselben Fragen zu beantworten. Wir begannen mit der Einführung einer kostenfreien Infohotline über den Verein, bei der wir abwechselnd Frage und Antwort standen. Die Nachfrage nach Informationen zum Thema Häuslicher Unterricht usw. stieg kontinuierlich, die Zahlen der Kinder im HU in Österreich nahm beständig zu.
Am Ende der „Freilerner Studio“- Zeit dann erarbeiteten wir zu dritt mit Lini Lindmayer ein neues Konzept der Elternbegleitung. Die Idee, bei den Eltern anzusetzen und diesen den Rücken zu stärken und in deren Prozessen Begleitung anzubieten, fanden wir alle zusammen richtig gut. Wiederum allerdings scheiterte diese Idee daran, dass wir keinen passenden Namen dafür finden konnten, alles stockte und fühlte sich nicht passend an. So versank auch diese eigentlich wunderbare Idee im Sand. Lini bietet heute mit ihren „Authentic Parenting“ Workshops ganz ähnlich Dinge an und wir können ihre Angebote nur aus vollstem Herzen empfehlen.
Ausstieg & Neubeginn
2019 dann stieg ich aus dem Freilerner-Verein aus und konzentrierte mich vollends auf den MITANANDA H.O.F. mit den zahlreichen Events und Angeboten rund um die selbstbestimmte Bildung, den Aufbau meiner KREATIVwerkstatt und meine eigene künstlerische Entwicklung.
Geschichten vom MITANANDA
Mit dem Jahr 2020 kam nicht nur ein massiver Umbruch im Schulwesen durch die Coronazeit, sondern ich verbrachte auch ein ganzes Jahr damit, unseren Werdegang in den lang gehegten Traum eines eigenen Buches zu dokumentieren. Dieses Buch erscheint im Frühling 2021 und ich freue mich sehr darauf.
Mitananda Lernen
Im Januar 2021 dann, in einer Zeit, in der es für mich gefühlt den totalen Stillstand gab und ich sehr unzufrieden war damit, dass sich nach Außen nichts zu bewegen schien, rief ich Joya eines Abends an. Ich hatte schon das gesamte vorige Jahr ein immer stärker werdendes Bedürfnis, in dieser angstmachenden Zeit ein Zeichen zu setzen, mein Licht leuchten zu lassen. Den verzweifelten Eltern, die in der Überforderung zwischen Home Office und Homeschooling Hoffnung zu geben, Mut zu machen und zu inspirieren mit unserem Weg.
Nach 15 Jahren des Engagements im Bereich selbstbestimmter Bildung in Österreich und über die Landesgrenzen hinweg, bin ich nun bereit, meine Expertise zum Thema mit anderen Eltern zu teilen. Joya und ich sind in dem Bereich in Österreich wohl mit einer der absoluten Vorreiterinnen und durften bereits so viel Erfahrung sammeln, die wir nun gerne mit Menschen teilen, die ebenfalls neue Wege im Umgang mit ihren Kindern gehen wollen.
Schlummerte die Idee, vom Akademie-Konzept über die Workshops auf diversen Treffen bis zum Freilerner Café bereits so viele Jahre in uns, waren wir nun endlich bereit, Nägel mit Köpfen zu machen und so richtig Gas zu geben. Das Baby war reif, um geboren zu werden. Wir setzten uns zusammen und erarbeiteten einen groben Zeitplan. Sobald wir diese Entscheidung bewusst getroffen hatten, begannen rundherum alle Steinchen wie von einem großen Puzzle in ihren Platz zu fallen. Alles ging so leicht, so voller Freude.
Joya und ich wussten ja bereits, dass wir gut zusammenarbeiten konnten, aber was wir in den zwei Monaten vor Kursstart erlebten, das war selbst für uns neu. Von rundherum kamen Ermutigungen, Gratulationen zum neuen Projekt, Unterstützungsangebote, Material- und Geldspenden, damit wir so richtig los starten konnten. Vor allem haben mich die vielen positiven Feedbacks berührt, die wir von zahlreichen Freunden und Bekannten, die ebenfalls mit dem Thema involviert sind, bekamen.
All die Arbeit, all das Herzblut und die Zeit und Liebe, die wir in den letzten fünfzehn Jahren verschüttet hatten, all das war nicht umsonst gewesen: Das Netzwerk war da, es wuchs und gedieh und verändert und passt sich an. Ich fühlte mich bestärkt und bekräftigt, wir waren auf dem richtigen Weg!
Und nun scheint die Zeit reif dafür zu sein, was wir zu bieten haben. Das zeigen nicht zuletzt die radikal gestiegene Anzahl an Anrufen, die wir einfach nicht mehr bewältigen können. Und auch, wenn wir diese Arbeit niemals für den finanziellen Gewinn machen würden, es freut uns, nun eine Möglichkeit gefunden zu haben, einen angemessenen Energieausgleich für unsere Arbeit zu bekommen. Dies hat viel mit Selbstwert und Wertschätzung zu tun und ich bin ganz erstaunt, wie anders es sich arbeitet, wenn der Energieausgleich auf beiden Seiten stimmig ist.
Ausblicke
Und auch, wenn wir ein Offline-Angebot dem Onlinekurs vorziehen würden, so sehen wir doch die Chancen und Möglichkeiten, die dieses Format uns bietet. So haben wir also nun die Möglichkeit, Menschen aus drei verschiedenen Ländern zu begleiten, sie ein klein wenig an der Hand zu nehmen und ein Stück des Weges mit ihnen zu gehen. Ihnen zu zeigen, dass unsere Kinder es allemal Wert sind, radikal ins Vertrauen und in die Liebe zu gehen, dass wir das ebenso Wert sind.
Unsere Vision für Mitananda Lernen ist groß: Wir arbeiten an einer Plattform, auf der es neben dem zwei Mal im Jahr stattfindenden Basiskurs auch weitere Zusatzmodule geben wird. Zusätzlich wird es Onlinematerial zum Download geben, eine Datenbank an Videos und Arbeitsmaterial und die Möglichkeit, uns im Einzelcoaching zu buchen.
Wie sich dieses Projekt erweitern und verändern wird, das wird sich im Detail noch zeigen, aber wir wissen schon jetzt, dass wir auf dem richtigen Weg sind und dass es uns so viel Freude macht und wir nicht damit aufhören werden, Mitananda zu Lernen!
Wer sich für unsere Angebote interessiert, ihr findet uns jeweils unter „Mitananda Lernen“ auf unserer Facebook Seite, auf dem Telegram Kanal und der Gruppe, auf Instagram und auch auf unserer Webseite. Wir freuen uns auf euch!
5 Comments
Wo seid ihr zu Hause
Liebe Michaela! Wir sind in der Südsteiermark daheim, ganz nah an der slowenischen Grenze! Liebe Grüße!
Wie kann ich mich für euer Engagement erkenntlich zeigen?
Ich würde gerne eine Spende losschicken – ich freue mich auch immer über eure Videos 🙂
Wohin damit?
Liebe Grüße
Cordula aus Tirol
Liebe Cordula!
Ich freue mich sehr über deine lieben Worte und dass du so begeistert mit dabei bist! Natürlich kannst du gerne eine Spende in unsere Vereinskasse leisten. Ich frage mich nur, ob du unser neues Onlineprojekt Mitananda Lernen oder unser Offlineprojekt Mitananda H.O.F. meinst!? Je nachdem wären das zwei unterschiedliche Vereinskonten…Alles Liebe, Karin
Liebe Karin, ich würde gerne dein Buch bestellen. LG Maria Langer