Kimchi MITANANDA
23. August 2016Learning, worries and being bored
12. September 2016Lini Lindmayer kennen wir seit mehr als einem Jahrzehnt. Damals hatten wir beide je ein ein paar Monate altes Baby und waren von der Windelfrei-Idee fasziniert und begeistert. Mehr als elf Jahre später könnten wir mit unseren zusammen neun Kindern schon eine eigene Schule gründen, wenn wir das wollen würden – aber unsere Familien leben frei und selbstbestimmt ganz ohne Unterricht, Wecker und Pausenglocken. Immer wieder haben sich in dieser Zeit unsere Wege gekreuzt und wir schätzen ihre Arbeit auf www.windelfrei.at, ihre Vorträge und Bücher über das Elternsein und Freilernen sehr.
Daher haben wir uns auch über ihre Einladung am Freilerner-Event „Frei leben, Freilernen, neue Wege gehen“ über unser Projekt zu erzählen sehr gefreut. Voll bepackt mit Campingausrüstung, Infomaterial und wetterfester Kleidung, die dem waldviertler Klima gerecht wird (Hauben schützen vor eisigen Nächten.) haben wir uns also gen Norden auf den Weg gemacht. Meine Sorgen waren allerdings unbegründet, denn das Wetter hätte nicht besser mitspielen können: Von der ersten bis zur letzten Minute hat uns die Sonne begleitet und gelacht.
Da wir schon einen Tag vor dem offiziellen Beginn vor Ort waren, konnten wir noch ein wenig mit den letzten Vorbereitungen helfen und ganz entspannt nicht nur sprichwörtlich unsere Zelte aufbauen. Ich habe es unglaublich genossen, einmal nicht verantwortlich zu sein und konnte mich wunderbar entspannen und ganz in Ruhe beobachten, wie die ersten Teilnehmer eintrudelten und sich der Zeltplatz langsam füllte.
Viele der Teilnehmer hatten Kinder im Kindergarten- und Vorschulalter und es war für uns eine völlig neue Erfahrung, dass unsere Kinder mit Linis zu den ältesten gehörten. Und die „Großen“ sind ihrer Rolle mehr als nur gerecht geworden. Gab es von Linis Seite ein wenig Bedenken, was die vielen Kinder während der zahlreichen Vorträge tun würden, bei denen die Erwachsenen naturgemäß gerne zuhören möchten, sind unsere Freilerner-Veteranen zu Höchstleistungen aufgelaufen. Sie haben kurzerhand vollkommen ohne Fremdmotivation ganz eigenverantwortlich ein Kinderprogramm auf die Beine gestellt.
So gab es Original Play, Fussballturniere und Einrad-Fahrstunden für alle, die dazu Lust hatten. Daneben war es wie immer auf solchen Treffen eine Freude, den Kinderhorden beim Spielen und Toben zuzuschauen, zu sehen wie sich Gruppen bilden, wie achtsam der Umgang miteinander ist und wie sich die kleineren und größeren jungen Menschen austauschen und miteinander und voneinander lernen.
Das Angebot an Vorträgen war bunt und interessant. Dem Titel der Veranstaltung gemäß waren Menschen vor Ort, die unterschiedliche Konzepte leben und Wege gehen, die meist weg vom Mainstream führen. Besonders am Samstag folgte ein Highlight dem nächsten: Joe Kreissl, Monika Donner, Gerhard Spitzer, Dominik und Bianca Genser und Lini selbst boten einen Marathon an Information und Inspiration. Mich hat an allem, was ich an diesem Tag gehört und gesehen habe besonders berührt, dass die Vortragenden im Grunde diesselbe Botschaft mitgebracht hatten: Hör auf deinen Bauch, geh deinen Weg, lebe deine Träume, kümmer dich nicht zu sehr darum, was andere von dir erwarten und genieße dein Leben (mit deinen Kindern).
Von daher war unsere Erzählung zum MITANANDA H.O.F.-Projekt am Sonntag Morgen nur ein weiteres Steinchen in demselben bunten Mosaik dieses Wochenendes. Auch wir haben versucht zu vermitteln, dass jeder sein Leben selbst in die Hand nehmen soll und glücklich sein darf, dabei weniger braucht als er vielleicht glauben mag und noch dazu Spaß haben kann. Wir tendieren viel zu sehr dazu, uns ständig Gedanken zu machen, was im über-übernächsten Schritt vielleicht passieren könnte und vergessen dabei ganz, den kommenden Schritt zu erleben und zu genießen. Es gibt immer Wege, wenn man nur will.
Zum Abschluss gab es am Sonntagnachmittag noch eine Frage- und Antwortrunde mit Lini und Gerhard Spitzer (den unsere Kinder übrigens vollkommen eingenommen haben – Allegra sagt, er ist ihr erwachsener Freund. Er sagt, er ist Allegras größer Fan.). Es war interessant zu hören, welche Ängste und Sorgen doch in allen von uns stecken, denn wir wollen alle nur unser Bestes für die jungen Menschen geben, die wir begleiten dürfen. Schön war es zum ersten Mal das Gefühl zu haben, dass wir langsam in die „Erntezeit“ unseres Freilernerweges hineinschlittern. Mit einem bald Zwölfjährigen, der bei weitem kein „Versager“, „Faulpelz“ und „Asozialer“ ist, sondern im Gegenteil ein äußerst sensibler, empathischer und überaus witziger, liebenswerter, kreativer Zeitgenosse, lässt es sich entspannt zurück lehnen. Nur zu gut allerdings erinnere ich mich an diese Momente des Zweifelns, ob denn dieser Weg abseits von Normen, Durchschnitt und Standards der richtige wäre.
Lasst euch gesagt sein: Wenn er für euch als Familie passt, dann ist er genau so richtig, wie ihr ihn geht!
Zum Abschluss dieses wunderbaren Wochenendes im Waldviertel haben wir noch ein Bad im nahegelegenen Teich genossen, ein lecker-entspanntes Abendessen bei den Gastgebern verspeist und deren Garten bewundert. Nachhause gekommen sind wir müde, aber voll gefüllt mit neuen Eindrücken und mit einigen lieben Freunden mehr.
Und nochwas: Allegra kann nun Einrad fahren – nach 48 Stunden unermüdlichen Trainings und Heidis professioneller Hilfe. Und wir sind jetzt auf der Suche nach einem Kinder-Einrad für sie.
Weiß wer was?